Heute mal ein Rückblick!

Da bin ich wieder. Heute werde ich euch mal mit zurück ins Jahr 2011 nehmen. Diesen Rückblick habe ich schon länger vor, hab mich aber noch nie so richtig rangetraut. Aber ich denke, jetzt kann man ihn wagen, mit dem Wissen, dass alles soweit gut ausging.

Wie ihr wisst, fing alles an am 07.02.2011 und ich wurde bereits in der Nacht zum 08.02.2011, nach der Fehlgeburt, als bei der Ausschabung alles aus dem Ruder lief, ins künstliche Koma gelegt.

Meine Mutti hat irgendwann in den nächsten Tagen angefangen, Notizen zu machen, um später mal noch den ganzen Ablauf nachvollziehen zu können. Für mich waren diese Aufzeichnungen Monate später, als ich sie das erste Mal gelesen habe, sehr wichtig, weil sie mir auch halfen, mir eine Vorstellung vom ganzen Geschehenen zu machen. Sie waren sozusagen eine Ergänzung zu den unzähligen Gesprächen mit meinem Mann, in denen ich ihm Millionen mal die gleichen Fragen gestellt habe, das bis heute auch noch ab und zu tue, und er sie alle mit einer Engelsgeduld beantwortet.

Gut, fangen wir an! Ich gebe die Notizen hier 1:1 wieder, alles komplett auszuformulieren würde wohl den Zeit- und den Platzrahmen sprengen.

Di, 8.2.2011

-künstliches Koma

11.45 Uhr per Hubschrauber auf die ITS im Klinikum Magdeburg Olvenstedt verlegt

12.45 Uhr erstes Gespräch mit der Ärztin:

-septischer Schock, Multiorganversagen (Niere, Leber, Lunge,…), Kreislauf instabil

-ausgelöst durch Bakterien, die in die Blutbahn gelangt sind

15.30 Uhr Gespräch mit Chefarzt:

-es ist sehr kritisch, aber die Organe können nach einigen Tagen wieder anfangen zu arbeiten

-an Dialyse angeschlossen

Heute gibt es zum ersten Mal Fotos aus dieser schlimmen Zeit. Meine Familie hatte zum Glück keine gemacht. Aber letztens, nach über 2 Jahren und dem Wissen, dass alles soweit gut gegangen ist, wurde ich doch neugierig und habe mir vom Chefarzt der ITS welche schicken lassen. Er wünschte mir den Mut, mir die Bilder anzuschauen. Hier seht ihr einmal mich auf der ITS im künstlichen Koma, an alle vorhandenen Geräte angeschlossen und auf ein gewaltiges Volumen mit Flüssigkeit "aufgepumpt", damit die Vergiftung sozusagen "verdünnt" wurde. Dann seht ihr gleich noch 2 Fotos, die noch harmlos und daher hier zum Zeigen ok sind. Man sieht da, wie schlecht die Durchblutung schon in beiden Beinen und auch in den Händen ist. Wenn ich das sehe, weiß ich, dass es riesiges Glück war, nur ein Bein einzubüßen und nicht beide Beine bzw. auch die Hände/Arme. Das fortgeschrittene Stadium der Beine bis kurz vor der Amputation des rechten Beins zeige ich euch hier nicht, weil ich finde, dass das ein Anblick ist, dem man nicht jedem einfach so zumuten kann.

Mi, 9.2.2011

15.00 Uhr

-Zustand äußerst kritisch, Herz arbeitet nicht mehr

-an eine Maschine angeschlossen, die Herz und Kreislauf übernimmt (Anm. IABP – ich hatte das schonmal an anderer Stelle erklärt)

22:00 Uhr Ramon (ein sehr guter Freund) fährt Stephan ins Krankenhaus, Katrin (Anm. meine Schwester) fährt auch mit

1.30 Uhr sind sie wieder zurück – das Herz arbeitet etwas

Do, 10.2.2011

15.00 Uhr

-Herz arbeitet wieder ohne Maschine

-Ärztin teilt uns mit, dass ein, evtl. auch beide Beine amputiert werden müssen

-Stephan wird per Notar und Amtsgericht als gesetzlicher Betreuer bestellt (so konnte kein Fremder über mich entscheiden)

-weiter beatmet, Dialyse, viele Bluttransfusionen,…

-Gerinnungsmittel zugeführt

Fr., 11.2.2011

16.00 Uhr Zustand unverändert, evtl. soll Jana ab Montag langsam aus dem Koma geholt werden

Viola und Matthias sind mit (Anm. meine Schwiegermutti und mein Schwager)

Sa, 12.2.2011

16.00 Uhr Ärzte klingen zuversichtlicher, die Werte haben sich alle positiv entwickelt

So, 13.2.2011

16.00 Uhr die Werte haben sich weiter positiv entwickelt

Katrin, Ralf (Anm. meine Schwester und mein Schwager) und Ramon sind mit

Mo, 14.2.2011

14.00 Uhr Anruf vom Chefarzt – per OP werden die Gefäße im Bein geweitet, um evtl. die Amputation verhindern zu können

18:00 Uhr OP gut überstanden

Stephan bekommt Papiere bzgl. Luftröhrenschnitt, die er lesen und dann unterschreiben soll

Di, 15.2.2011

16.00 Uhr die Ärzte sind sehr zufrieden mit deiner Entwicklung, Werte sind soweit in Ordnung, der Kardiologe sagt, du bist eine Kämpferin

-morgen wird die Untersuchung durch die HNO-Ärzte erfolgen wegen des Lufröhrenschnitts

Sei weiter tapfer!

Mi, 16.2.2011

-Stephan und Viola besuchen dich

-Werte sind i.O. – weiter so!

-manchmal bewegen sich deine Augenlider

-die OP (Luftröhrenschnitt) soll am Freitag erfolgen

Do, 17.2.2011

-Stephan und Katrin besuchen dich

-sie klingen optimistisch, deine Werte stimmen

-Dialysemaschine war mal entfernt, aber deine Nieren arbeiten noch nicht alleine

-Franzi (Anm. unsere Nichte) hat ihren MP3-Player mitgegeben, zum langsamen Aufwachen wurdest du mit Musik „beschallt“

Fr, 18.2.2011

11.00 Uhr OP Luftröhrenschnitt

16 Uhr OP gut überstanden, Werte soweit i.O., Leber arbeitet wieder, Nieren noch nicht, wieder an die Dialyse angeschlossen

-ab jetzt werden die „Koma-Medikamente“ zurückgenommen, damit du langsam aufwachen kannst

Sa, 19.2.2011

16.00 Uhr Ärzte sind soweit zufrieden, du versuchst schon deine Augen offen zu halten

20.00 Uhr ein Blutgerinnsel löste sich und drang in die Lunge ein (Lungenembolie), du bekamst Medikamente, um es aufzulösen

So, 20.2.2011

Franzi hat Geburtstag

16.00 Uhr Kreislauf wieder stabil, Dialyse und Beatmung läuft weiter, dein Darm arbeitet noch nicht

Mo, 21.2.2011

Anruf von Frau Dr. Adler: im Blut sind wieder Erreger enthalten, heute MUSS der rechte Unterschenkel amputiert werden

14.00 Uhr OP (Amputation)

17.00 Uhr OP gut verlaufen, du guckst uns schon länger an, heute hattest du auch Stuhlgang (d.h. der Darm arbeitet nun wieder!!!), die Dialyse ist nicht angeschlossen, deine Nieren arbeiten etwas

Di, 22.2.2011

-heute besucht dich Stephan allein

-deine Werte sind gut

-Dialyse ist wieder angeschlossen, muss Wasser aus deinem Körper ziehen

-du reagierst schon etwas

Mi, 23.2.2011

10.00 Uhr Arzt sagt am Telefon, dein Zustand hat sich verbessert, du bist wacher und reagierst auf Fragen und Ansprechen, deine Nieren fangen an zu arbeiten

16.00 Uhr Stephan und Viola sind bei dir, du bist schon länger wach und reagierst auf Ansprechen

Prima, weiter so!

Do, 24.2.2011

16.00 Uhr Stephan und Katrin besuchen dich, du erkennst sie, reagierst schon gut, Beatmung ist angeschlossen, aber du atmest schon manchmal alleine, die Dialyse ist weiterhin angeschlossen

Fr, 25.2.2011

16.00 Uhr Ich bin mit Stephan da, du erkennst uns, verstehst unsere Worte und Sätze, denn du zeigst entsprechende Reaktionen. Du willst uns auch immer etwas sagen, aber wegen des Luftröhrenschnitts kannst du nicht sprechen.

-Dialyse ist angeschlossen

Als wir ins Zimmer kommen, empfangen uns Ärztin und Schwester erfreut, weil sie dich vom Beatmungsgerät zum ersten Mal getrennt haben und du prima allein atmest für ca. 40 Minuten. Weil dich das aber sehr anstrengt, wirst du wieder angeschlossen. Um 21.00 Uhr will dich die Schwester wieder für kurze Zeit vom Gerät trennen.

Verband am Bein wurde gewechselt und es heißt, dass die Wunde gut aussieht.

Du zeigst immer wieder auf dein rechtes Bein (Anm. daran erinnere ich mich, ich wollte ihnen erzählen, dass mein rechtes Bein ab ist, konnte ja aber nicht sprechen – hatte es wahrscheinlich zuvor beim Verbandswechsel zum ersten Mal wahrgenommen und dachte nun, dass ich einen Unfall gehabt haben muss)

Sa, 26.2.2011

10.00 Uhr der Stand ist so gut wie gestern

16.00 Uhr Heute besuchen dich Stephan und Viola, du erkennst sie und hast Stephan mit einem Küsschen begrüßt (Anm. daran erinnere ich mich auch und ich glaube, an diesem Tag wollte ich noch ganz, ganz viele haben ♥). Du antwortest auf Fragen mit Nicken oder Kopfschütteln. Du hast versucht zu schreiben, klappte aber noch nicht so gut.

-deine Nieren arbeiten besser

So, 27.2.2011

16.00 Uhr Stephan und Vati besuchen dich, du begrüßt beide, versuchst dich verständlich zu machen, so gut es geht (Anm. Stephan ist in dieser Zeit echt gut im Lippenlesen geworden), verstehst alles, was erzählt wird, du atmest allein, aber gegen 18.00 Uhr wirst du wieder an die Maschine angeschlossen. Die Schwester erzählt dir nochmal, dass dein Bein amputiert werden musste.

18.00 Ramon und Carmen (seine Frau) besuchen dich kurz, du bist aber schon sehr müde

Mo, 28.2.2011

16.00 Uhr Stephan und ich sind bei dir, du begrüßt uns mit einem Lächeln, wir können uns so gut es geht über alles „unterhalten“, leider kannst du noch nicht sprechen

Du schaust dir die Bilder an deinem Bett an (Anm. ich hatte ganz viele Fotos meiner Familie und von Carmen und Ramon an meinem Fußende an der Rückseite der Patientenkurve, sodass ich sie vom Bett aus gut sehen konnte).

Heute hast du zum ersten Mal aus einer Schnabeltasse stilles Wasser zu trinken bekommen, auch Stephan soll dir was zum Trinken geben.

-Dialyse war nicht angeschlossen, Beatmung war zur Besuchszeit angeschossen

Di, 1.3.2011

Stephan besucht dich heute allein, du bist in guter Verfassung. Du atmest allein tagsüber (nur 4x20 min. angeschlossen und nachts). Die Dialyse wurde zur Blutwäsche nochmal angeschlossen. Am linken Bein wurde über den Verbänden eine Lagerungsschiene angebracht, damit sich die Sehnen nicht verkürzen und du keinen Spitzfuß bekommst.

Stephan erzählt erfreut über deine Fortschritte, du hast heute einen Gruß an Lina auf die Tafel geschrieben (Anm. Schreiben funktionierte mittlerweile und von Carmen und Ramon hatte ich eine Tafel, die ich mit einem Stift beschreiben und dann das Geschriebene immer wieder abwischen konnte). Es fiel auf, dass du deine linke Seite nicht bewegst und wir erfuhren, dass du zum Zeitpunkt der Lungenembolie auch einen Schlaganfall hattest.

Mi, 2.3.2011

Stephan und Ramon besuchen dich, es geht dir den Umständen entsprechend gut. Ramon sagt, du hast seit Sonntag einen richtigen Quantensprung gemacht.

Morgen wollen die Ärzte dir evtl. eine Sprechkanüle einsetzen.

Do, 3.3.2011

Stephan und Vati besuchen dich, du begrüßt sie mit einem Lächeln und einem Küsschen. Oma Reni hatte Fotos mitgeschickt, du erkennst alle – prima!

Es wird dir eine Klappe auf das Beatmungsgerät gesetzt, damit kannst du etwas sprechen, aber es strengt dich sehr an (Anm. Daran erinnere ich mich, ich hatte das Gefühl zu ersticken mit dem Teil! Schrecklich!!)

Die Ärztin sagt zum ersten Mal, dass du über die Spitze des „Eisbergs geklettert“ bist!

Du bekommst nun täglich Besuch von der Physiotherapeutin, die dich Krankengymnastik im Bett machen lässt.

Fr, 4.3.2011

Du begrüßt Stephan und mich hellwach mit einer Schnabeltasse in der Hand, nun kannst du schon alleine trinken. Durch schnelles Schreiben teilst du uns mit, dass du den 14.3.2011 als Termin für die Frühreha im Magdeburger NRZ genannt bekommen hast. Wir können uns heute durch das Schreiben prima verständigen. Mit der Klappe auf dem Beatmungsgerät klappt das Sprechen nicht. Du beschreibst es als „ekliges Gefühl“ und hast dadurch große Atemprobleme.

Wegen einer Allergie (man weiß noch nicht genau worauf) bekamst du Allergikerbettwäsche und –nachthemd.

Mit der rechten Hand machst du ab heute Zugübungen mit einem Theraband, die linke Hand kannst du nicht allein bewegen. Am Abend füttert dir Stephan etwas Apfelmus. Du hast ASS inhaliert zur Schleimlösung und fandest es angenehm. Heute hat dich auch nochmal die Gynäkologin untersucht und hat festgestellt, dass alles ok ist.

Sa, 5.3.2011

Heute schläftst du noch, als Stephan und ich dich besuchen. Die Krankengymnastik war anstrengend. Du schreibst dann viel auf die Tafel. Du trinkst ständig allein – prima!

In der Nacht hattest du dir die Magensonde aus der Nase gezogen (Anm. Daran erinnere ich mich noch, der Schlauch hat mich irgendwie genervt und mir war langweilig! Ich hab mir auch ständig so ein Messding vom Finger gepuhlt, da ging nämlich ein Alarm los und es kam jemand rein und war eine Weile beschäftigt – dann war mir nicht so langweilig. ;)), diese musste dann neu gelegt werden – tat weh (Anm. Oh ja, meine Strafe kam sofort! Das war nämlich echt ekelhaft und ziemlich schmerzhaft!)

Du bekommst etwas Quark zum Essen. (Anm. Am ersten Erdbeerquark hab ich mich so dermaßen verschluckt, dass der aus allen Öffnungen am Kopf gleichzeitig rausgeschossen kam – gefühlt zumindest!)

Deine Allergie ist noch nicht besser, es sind wohl Nachwirkungen der starken Medikamente (Anm. ich hab sowieso ziemlich empfindliche Haut).

So, 6.3.2011

Stephan sagt, du warst genauso gut drauf wie gestern und vorgestern. Er hat dir etwas Nudelsuppe gefüttert. Du warst enttäuscht, dass sonntags keine Physiotherapie stattfindet. Deine Schmerzmittel wurden ganz abgesetzt.

Mo, 7.3.2011

Stephan und Viola besuchen dich. Es wurde eine Sprechkanüle gelegt, aber du konntest darüber nicht sprechen – sie war noch nicht angeschlossen, weil unter Narkose am Schnitt etwas korrigiert werden musste. Zum Frühstück hast du eine Mehlsuppe (Anm. oha!!) und Weißbrot mit Marmelade bekommen, am Abend isst du Nudelsuppe und hinterher Eis. Der Arzt sagte heute, dass deine Reha für den 14.3. noch nicht von der Rehaklinik bestätigt wurde.

Di, 8.3.2011

Stephan und Ramon besuchen dich, du bekommst eine Blume zum Frauentag (Anm. das weiß ich auch noch!! :D). Beide sind sehr zufrieden mit dir, du schreibst wieder sehr viel auf die Tafel zur Verständigung.

Mi, 9.3.2011

Heute bin ich mit Stephan da. Du bist etwas müde, hattest heute 2x Krankengymnastik und es wurde zum ersten Mal versucht, dich dabei auf die Bettkante zu setzen, das war anstrengend für dich (Anm. Das war der Hammer, ich konnte nicht aufrecht sitzen, bin sofort zusammengesackt und konnte im Sitzen überhaupt nicht atmen – da haben sie mich schnell wieder hingelegt!). Mittags gab es Kartoffelbrei, Soße und Möhrenhackbraten, abends wünschst du dir wieder Nudelsuppe. Wir unterhalten uns gut mit Hilfe der Tafel. Für die Nacht verlangst du ein Schlafmittel. Die letzte Nacht hast du wohl viel wach gelegen. An deinem Bett steht ein Fernseher, damit dir nicht langweilig wird (Anm. Ich glaube, erkennen konnte ich darauf eh noch nicht richtig was und drauf konzentrieren ging auch nicht, aber es war mal eine Abwechslung).

Weil du Halsschmerzen hast, kommt ein HNO-Arzt und untersucht dich, du nennst ihn „Klitschko“ (Anm. Ja, er sah wirklich so aus, ich weiß nur nicht mehr, wie welcher der beiden Brüder. Es gab auch einen „Elton“ ;))

Do, 10.3.2011

Stephan fährt heute alleine zu dir. Überraschung: Ralf, Katrin und Franzi kommen auch – sie haben sich sehr über deinen Zustand gefreut!

Du warst nochmal für 30 Stunden an der Dialyse, wahrscheinlich das letzte Mal (toi, toi, toi!!). Krankengymnastik war heute im Sitzen auf dem Bettrand.

Fr, 11.3.2011

Heute werden Stephan und ich von dir begrüßt – du kannst sprechen!!!

Die Kanüle wurde entfernt und die Öffnung am Hals wurde mit einem Tupfer und Pflaster verschlossen. Beim Sprechen legst du die rechte Hand darauf (Anm. damit keine Luft entweicht, sondern Stimme zu hören ist), wir können dich deutlich verstehen und sind 3 Stunden bei dir, weil du so viel erzählst.

Zum Frühstück gab es Weißbrot, mittags Kartoffelbrei und Spinat, abends eine Scheibe Mischbrot mit Quark und Käse. Du trinkst Wasser, Tee oder Apfelsaft.

Du inhalierst 20 min. mit Kochsalzlösung. Im Zimmer steht jetzt ein Rollstuhl für dich bereit.

Sa., 12.3.2011

Vati möchte sich seine Geburtstagsgratulation persönlich abholen und besucht dich mit Stephan. Das Sprechen ist heute etwas leiser, weil Luft durch das Pflaster am Hals entweicht (Anm. was wir da in den zukünftigen Wochen noch für Techniken zum Abkleben entwickelt haben – meine Güte….!). Du bist gut drauf. Seit drei Tagen bis du an der Dialyse, heute ist der letzte Tag. Du isst zusätzlich Melone und ein Stück Geburtstagskuchen – Abendbrot willst du nun doch nicht mehr.

So, 13.3.2011

Heute fahren Stephan, Carmen und Ramon zu dir. Ihr könnt euch gut unterhalten. Stephan verschneidet dir die Fingernägel und Carmen macht Nagelpflege mit der Feile. Alle sind mit dir und deinem Zustand zufrieden, auch die Ärzte und Schwestern. Morgen geht es zur Reha!

Mo, 14.3.2011

Auf der ITS isst du noch Mittag, dann geht es 12.00 Uhr ab zum NRZ (Anm. Liegendtransport).

15.00 Uhr Stephan erkundet allein die „Lage“, er muss heute Schutzkleidung tragen (Anm. nur, weil die Abstrichergebnisse noch nicht fertig waren, die bestätigen sollten, dass ich frei von MRSA und solchen Sachen bin) und bringt dir deine Sachen mit. Du findest es im NRZ auch gut.

Di, 15.3.2011

Du lässt deine „Lieblingsschwester“ anrufen, dass Stephan dir Tratsch- und Klatschzeitungen und Feuchttücher mitbringen soll. Als Stephan und Viola dich 16.00 Uhr besuchen, hast du gerade die 2. Physiotherapie hinter dir – wieder im Sitzen.

Du wurdest heute auch im Liegen geduscht (Anm. einmal bin ich dabei fast erstickt, weil mir Wasser in das Loch vom Luftröhrenschnitt gelaufen ist – das war ziemlich unangenehm). Du bist gut drauf und fühlst dich dort „wohl“.

Mi, 16.3.2011 – So, 20.3.2011

-tägl. 2x Physiotherapie – macht dir Spaß, es sind gute Fortschritte zu sehen

Mi: Vati ist mit

Do: Katrin besucht dich mit Stephan

Fr: 1. Mal sitzen im Rollstuhl (Anm. Fragt nicht, wie ich da rein gekommen bin…!)

Sa: Lina besucht dich früh mit Stephan (Anm. zum 1. Mal nach über 7 Wochen!!! :D), du empfängst sie im Rollstuhl, ihr schaut euch die Klinik von innen an und fahrt auch mal kurz für ein Foto vor die Tür

So: Stephan, Ramon und Carmen sind bei dir und ihr macht einen „Spaziergang“ durch die Anlage vorm Haus

Hier seht ihr unten auf dem Blatt meine ersten Schreibversuche vom 26.2.2011.

Das funktionierte nun noch nicht so gut, also haben wir uns auf der oberen Hälfte per Alphabet mit Zeigen und Nicken verständigt. Wie ihr seht, galt die erste Frage unserem Kind.

Hier das Foto, für das wir extra kurz vor die Tür gefahren sind, als Lina mich das erste Mal mit besuchen durfte. Wie ihr seht, bin ich noch immer ganz aufgedunsen durch die Flüssigkeit, mein linker Arm, noch unbeweglich, liegt einfach nur da, und ich kann nicht aufrecht sitzen im Rollstuhl.

(Von der Frisur wollen wir gar nicht erst sprechen. ;) :P - Kleiner Scherz am Rande...)

Mo, 21.3.2011

Endlich kann ich dich nach einer Erkältung wieder mit besuchen. Du erwartest uns schon an den Fahrstühlen mit deinem Rollstuhl und bist allein dahin „gerollt“ (Anm. Ihr wollt nicht wissen, wie oft ich mich auf dem Weg dorthin irgendwo verkeilt hatte und versucht habe, nicht nur auf der Stelle im Kreis zu fahren, was ganz automatisch passiert, wenn man nur in einem Arm ein wenig Kraft hat, das Ding vorwärts zu bewegen.)

Stephan zieht dich warm an, wir machen einen großen „Spaziergang“ an der frischen Luft. Beim Abendbrot kommt ganz aufgeregt die Schwester rein und erteilt dir Obstverbot, weil dein Kaliumwert dramatisch angestiegen ist. Nun laufen die Verhandlungen, wohin man dich am besten verlegt, damit du dialysiert werden kannst. (Anm. Dieser Kaliumanstieg passiert, wenn die Nieren nicht funktionieren, ist aber sehr heimtückisch: Die Betroffenen bemerken den Kaliumüberschuss zuerst anhand von Kribbelgefühlen der Haut oder eine Pelzigkeit der Zunge. Später können Muskelschwäche, Lähmungen und schwere Herzrhythmusstörungen auftreten, die bis zum Herzstillstand führen können.)

Di, 22.3.2011

Stephan und Viola machen heute mit dir einen Spaziergang, seit Samstag ist das Wetter etwas besser. Es scheint die Sonne, aber es ist kalter Wind.

Du erfährst, dass du morgen nach Aschersleben zur Dialyse gebracht wirst.

Mi, 23.3.2011

Liegend und mit Blaulich wirst du nach Aschersleben verlegt. Dort kommst du gleich für 3 Stunden an die Dialyse.

Do, 24.3.2011

Erst besuchen dich Carmen und Ramon und dann Stephan und Matthias von deiner Arbeit. Nachmittags sitzt du im Rollstuhl.

Dein Kreatinin liegt bei knapp 700 (Anm. Und ich wurde vom Arzt in der Dialyse des Krankenhauses mit den netten Worten empfangen: „Na mit den Werten kommen sie sowieso nicht wieder von der Dialyse los!“)

Fr, 25.3.2011

Dialyse

Als Katrin, Franzi und ich dich am Nachmittag besuchen, bist du schon mit Stephan im Park.

Sa, 26.3.2011

Vati und ich besuchen dich vormittags, nachmittags sind Stephan und Matthias bei dir.

Du machst Fortschritte in der Krankengymnastik und wurdest heute das erste Mal hingestellt (Anm. Also aufs linke Bein (was noch immer dick verbunden und mit der Schiene versehen war), und das war das erste Mal, dass ich so richtig bewusst so richtig schlimme Schmerzen hatte – jetzt, wo ich über 2 Jahre später Fotos von meinen Beinen auf der ITS gesehen habe, weiß ich auch warum. Aber nötig und gut war es trotzdem!)

So, 27.3.2011

Oma Reni war mit Vati und mir vormittags zu Besuch, du hast dich sehr darüber gefreut. Heute wurde dein Blasenkatheter entfernt (Anm. Darauf habe ich bestanden, weil ich mittlerweile trotz des Katheters immer merkte, wenn ich auf Toilette muss, also brauchte ich den ja quasi nicht mehr. Und schön ist ja was anderes. ;))

Nachmittags war eure Familie komplett, Stephan und Lina waren bei dir.

Mo, 28.3.2011

Kreatinin etwas besser, 499

Katrin hatte heute Urlaub und kam kurz entschlossen zu Besuch, du warst gerade an der Dialyse angeschlossen. Stephan erzählt, dass du Mittwoch und Freitag nochmal dort im Krankenhaus zur Dialyse sollst. (Anm. Wir dachten noch immer, dass die Dialyse nicht dauerhaft bleibt, aber daraus wurde dann nichts, seit dem 23.3.2011 wurde ich 3x wöchentlich für jeweils 4 bzw. 5 Stunden dialysiert, bis zur Transplantation im Oktober 2012.)

Mi, 6.4.2011 – 2 Wochen in Aschersleben im Krankenhaus

-jeden 2. Tag Dialyse

Heute bringt dir ein Orthopädiemechaniker deinen 1. Silikonliner zum stundenweisen Tragen als Vorbereitung auf deine Prothese. (Anm. Darunter blieb mir mein Verband noch erhalten bis in den Juli 2011.)

Du duschst das erste Mal allein auf einem Stuhl. Am 31.3.2011 wurde dir auf eigenen Wunsch in einer Shunt-OP der Dialysezugang am rechten Unterarm gelegt (Anm. Aua, das Betäubungsmittel hat irgendwie nicht so richtig gewirkt, sodass die Geschichte echt weh tat. Sie haben 5x nachgespritzt, aber das hat nicht wirklich was gebracht.)

-Übungen: Rollstuhl – Toilette / Rollstuhl/Bett mit intensiver Hilfe durch die Schwestern, Physiotherapeuten und Stephan

7.4.2011

Du wirst zur Reha nach Bad Tennstedt verlegt (wieder Liegendtransport). Nachmittags bringen dir Stephan und Lina „Finanzen“.

8.4.2011

ab heute 3x pro Woche Dialyse in Bad Langensalza (Anm. Rollstuhltransport – ätzender geht’s nicht! Kennt ihr „Wo ist Fred?“ – als er mit einem Rollstuhl hinten auf der Ladefläche mitfährt? So kam ich mir vor!!)

9.4.2011

heute besucht dich Stephan allein

10.4.2011

heute besucht dich Stephan mit Lina

12.4.2011

Der Orthopädiemechniker kommt zum Gipsabdruck für deine Prothese.

19. – 20.4.2011

Krankenhaus Mühlhausen – dir wird ein Vorhofkatheter für die Dialyse gelegt, weil dein Shunt am Arm noch zu zart ist. (Anm. Ich sollte eigentlich bis zum 21.4.2011 drin bleiben, aber ich habe die Ärzte bestochen, dass sie mich schon am 20.4.2011 (morgens war die OP, mittags die Dialyse) zurück lassen, damit ich am 21.4.2011 meine Prothese bekommen kann.

21.4.2011

Du bekommst deine Prothese!!

24.4.2011, Ostersonntag

Großer Besuchstag! Deine Eltern, Katrin, Ralf und Franzi, Ramon und Carmen, Stephan und Lina und Matthias (bis Artern)(Anm. Matthias wäre auch fast dabei gewesen, ist aber nach einer kleinen Auseinandersetzung mit Stephan über Stephans Fahrstil im Auto in Artern ausgestiegen und wollte lieber laufen *lustige Geschichte*)

26.4.2011

Heute bist du auf eigenen Wunsch in Erfurt im Krankenhaus zur Begutachtung des Luftröhrenschnitts – es muss nichts dran gemacht werden

29.4.2011

Heute fährst du im normalen Taxi zur Dialyse (Anm. Der Rollstuhltransport war so ätzend, dass ich dem Physiotherapeuten gesagt habe, ich will unbedingt lernen, vom Rollstuhl ins Auto umzusteigen. Gesagt – getan! Wir haben geübt und ab sofort konnte ich im normalen Taxi sitzen. :D)

30.4.2011

Große Überraschung!! Du kommst zu meiner Geburtstagsfeier! Stephan hat dich heimlich abgeholt und plötzlich standet ihr vor unserer Tür!

1.5.2011

Du lässt dich wieder von Stephan abholen und bist zum Mittagessen hier. Am Nachmittag seid ihr zum Grillen bei Ramon und Carmen. Du machst viele Gehversuche und der Rollstuhl bleibt die meiste Zeit im Auto (Anm. Ich hasste dieses Monster vom ersten Tag an!)

2.5.2011

Du benutzt ab heute in der Klinik auch keinen Rollstuhl mehr, sondern läufst alles am Rollator. (Anm. Großes Aufsehen in der großen Halle der Rehaklinik, weil die arme junge Frau im Rollstuhl, die nur ein Bein hat, wieder laufen konnte! War ein echt krasser Moment, weil sich alle so mit mir gefreut haben! In der Dialyse wird applaudiert, als ich mit Rollator ankomme – total genial dieser Tag!)

3.5.2011

Dein Chef aus München kommt mittags zu Besuch und ist sehr erstaunt über deinen unerwartet guten Zustand. Er bringt einen riesigen Blumenstrauß mit und ihr fahrt mittags zum Spargel essen.

So, das war es. Hier enden die Notizen. Ich finde es jedes Mal aufs Neue ergreifend, mir alles durchzulesen und bin so froh, dass alles so ist, wie es jetzt ist. :)

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Kommentare: 12
  • #1

    Nadine aus Luxemburg ;-) (Sonntag, 15 September 2013 15:22)

    Das ist so heftig :-/ Gänsehaut pur! Ich wünsche Dir und Deiner Familie alles Glück dieser Welt :-x

  • #2

    Ankeborges (Sonntag, 15 September 2013 15:42)

    Hallo Jana, im Moment weiß ich erst mal gar nicht, was ich sagen soll.
    Bin so ergriffen von deinen Schilderungen. Du hast dich ja echt ins Leben zurück gekämpft.

    Und eine echt ganz, ganz liebe Familie hast du. Dein Mann kam ja jeden Tag , egal in welcher Klinik du warst und deine Mama - in dieser schlimmen Situation hat sie noch die Kraft entwickelt, alles festzuhalten.
    Du kannst echt stolz auf dich und deine Familie sein.

  • #3

    Minnie (Sonntag, 15 September 2013 16:07)

    Wahnsin, und das aus zweierlei gründen...
    Erstmal was du alles mit gemacht hadt und erlebt hast... Kannte die ganze Angat um dich ja nur von EO und jetzt oder heute das alles zu lesen ist toll...
    Dann mal zu lesen wie es einem Pat. Ging der auf ITS lag, wo ich doch Krankenschwester von ITS bin...

  • #4

    Britta (Sonntag, 15 September 2013 17:27)

    Liebe Jana,
    Ich würde gerne den Beitrag mit der Magensonde ausdrucken und mit Verweis darauf, dass ich Dich als sehr sortierte Frau kenne bei uns im Arztzimmer aufhängen. Bei uns ziehen sich taeglich die Menschen Sonden, Schläuche und pulen den Klebeclip vom Finger und viel zu oft schimpfen wir darüber. Darf ich?
    Britta

  • #5

    Carina (Montag, 16 September 2013 12:27)

    Huhu, ich bin total sprachlos!!! Das erste Foto....ich mag mir nicht vorstellen, wie schlimm die Situation für Deine Familie sein mußte. Dich da so liegen zu sehen...das ist für mich schon hart. Ich bin sehr sehr froh, daß es Dir jetzt so dermaßen gut geht!!!! Bist und bleibst mein Kampfschwein!!!

  • #6

    Bummi (Montag, 16 September 2013 13:12)

    Ich bewundere dich nach wie vor. Und das wird immer so bleiben. Ich drück dich <3

  • #7

    Corinna Julia (Montag, 16 September 2013 20:35)

    Hallo Liebe Jana.... ich kenn dich ja ursprünglich von EO; und nun über FB.... ich bin immer noch sooooo sprachlos über das Geschehene und ich habe soooooo dolle Tränen in den Augen, wenn ich lese und sehe, wie du das alles gemeistert hast. Ich würde dich gerne mal drücken, ganz feste.... du bist eine so tolle Frau und ich bin glücklich zu sehen, dass ihr nun wieder eine so glückliche Familie seid. Dankbar kannst du wirklich über diese wichtigen Notizen sein... ihr seid wirklich toll. Kämpfe weiter so liebe Jana... das Leben ist sooo schön und ich bin sooo froh, dass du nie aufgegeben hast. Alles, alles Gute und Liebe weiterhin für dich!!! Für EUCH!!!!!

  • #8

    Andrea (Mittwoch, 18 September 2013 15:26)

    Es ist so toll, zu lesen das es Dir gut geht., Habe die ersten Tage mitgekämpft. Du warst dann nochmal auf der ITS um uns zu besuchen, das war schon toll. Es ist eine riesen Freude, zu sehen, das alles von Erfolg gekrönt ist. Weiterhin alles alles gute.

  • #9

    Dagmar (Donnerstag, 14 November 2013 22:30)

    Gänsehaut pur!!! Ich bin mehr als beeindruckt, dein extremer Lebenswillen ist der echte Wahnsinn!

  • #10

    Anja (Montag, 11 Mai 2015 13:47)

    Liebe Jana,
    ich kann nicht glauben, dass das alles schon so lange her ist.
    Nie nie nie im Leben werde ich den Anruf deines Mannes vergessen, als er mir die schreckliche Mitteilung gemacht hat. Ich weiß noch genau wo ich zu diesem Zeitpunkt war und meine Freundinnen mich völlig erschrocken angesehen habe, weil ich plötzlich weinend da stand. Ich habe so viel mit ihm telefoniert und ihm Mut gemacht und ich habe immer eins gewusst......wenn einer das schafft dann bist DU das. Und du hast es geschafft. Du hast es allen gezeigt und so gekämpft und niemals aufgegeben. Du kannst verdammt stolz auf dich sein. Bussi Anja

  • #11

    Bummi (Montag, 11 Mai 2015 16:15)

    Da kommen einem gleich wieder die Tränen. Bin sehr froh, dass es dir heute so gut geht. Wenn du wieder richtig kauen kannst gehen wir ein schönes saftiges Steak essen! Knutsch!

  • #12

    Krystyna (Montag, 11 Mai 2015 16:51)

    Liebe Jana, Deine Geschichte ist so ergreifend, dass mir immer noch die Tränen über die Wange rollen.
    Es ist so schön das es Dir wieder so gut geht und ich drücke die Daumen das es so bleibt.
    Du hast so eine wunderbare Familie an Deiner Seite.
    Alles alles liebe weiterhin .

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